Wir leben in einer paradoxen Zeit: Während an allen Ecken wieder von Krieg gesprochen wird und Deutschland „kriegstüchtig“ werden soll, liegt die Friedensbewegung am Boden. Sie ist nicht nur in Deutschland, sondern international kraftlos, überaltert und in alten Ritualen gefangen. Sie erreicht diejenigen, um die es am Ende geht – die jungen Menschen, die an die Fronten geschickt werden könnten – so gut wie gar nicht. Doch woran liegt das und wie können wir diesen Zustand ändern?
Die Spirale aus Unsichtbarkeit und Ohnmacht
Ein zentrales Problem ist die mangelnde Resonanz in den Medien. Werden Demonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmern systematisch ignoriert, kann sich kein öffentlicher Druck auf die Regierungen entfalten. Der Protest bleibt im Kreis der bereits Engagierten gefangen, ohne eine breitere gesellschaftliche Debatte anzustoßen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich dadurch Wahlergebnisse ändern oder Parteien unter Druck geraten, ist äußerst gering.
Die Regierenden spüren diesen mangelnden Druck und reagieren kaum noch auf die Aktivitäten der Friedensbewegten. Dies führt bei den Engagierten zu einem tiefen Gefühl der Ohnmacht und Resignation. Viele, die eigentlich einsehen, dass man etwas tun muss, fragen sich verzweifelt: „Was soll man denn tun?“ Diese lähmende Ohnmacht führt zu weiterer Inaktivität und lässt die Bewegung im eigenen Saft schmoren, während andere den Tod vorbereiten.
Der Ausweg: Konkrete Handlungsoptionen schaffen
Genau an diesem Punkt müssen wir ansetzen. Um die Lähmung zu durchbrechen, brauchen wir konkrete, greifbare Handlungsoptionen für all jene, denen Frieden ohne Waffen und Diplomatie wichtig sind. Wir müssen den Menschen Werkzeuge an die Hand geben, die ihnen das Gefühl und das Bewusstsein vermitteln, tatsächlich etwas bewirken zu können.
Eine solche konkrete Möglichkeit wäre die Schaffung eines Friedens- und Gerechtigkeitsfonds, wie er in dem Artikel „Ein Fonds für Gerechtigkeit: Mit Friedenssicherung Geld verdienen“ beschrieben wird. Die zentrale Idee dieses Artikels ist, einen Fonds zu gründen, der die Entschädigungsforderungen von Staaten, die Opfer von Aggressionen wurden, aufkauft und diese juristisch durchsetzt. Durch die wachsende globale Machtverschiebung und den vom Westen selbst geschaffenen Präzedenzfall (Einfrieren von Staatsvermögen) steigen die Chancen, solche Forderungen erfolgreich einzuklagen und die Kosten für Aggressoren spürbar zu erhöhen.
Stellen wir uns vor, ein solcher Fonds würde auch für Kleinanleger zugänglich gemacht. Menschen könnten mit 50 oder 100 Euro Teil einer internationalen Klagegemeinschaft werden, um beispielsweise die USA für ihre völkerrechtswidrigen Kriege finanziell zur Rechenschaft zu ziehen. Allein das Wissen, Teil einer solchen Klage zu sein, könnte das Gefühl der Ohnmacht durchbrechen und enorm motivieren.
Die Erfolgsaussichten mögen anfangs gering erscheinen. Doch betrachten wir das Beispiel des eingefrorenen afghanischen Zentralbankvermögens von rund 7 Milliarden Euro. Würde man nur ein Prozent dieser Summe – 70 Millionen Euro – als Investition für Anwälte und Gerichtskosten aufbringen, könnte man im Erfolgsfall enorme Hebel erzielen. Man könnte Dutzende solcher Fonds auflegen, die Kriegsverbrechen weltweit verfolgen. Selbst wenn nur einer von hundert erfolgreich ist, könnte sich das Modell finanziell tragen. Auf einen Anlagehorizont von 20 oder 30 Jahren gerechnet, dürfte die Erfolgschance deutlich über den oft zitierten ein oder zwei Prozent liegen.
Ein Mosaikstein für den Frieden
Das Wichtigste an einem solchen Instrument ist nicht allein der mögliche juristische oder finanzielle Erfolg. Das Entscheidende ist die Ermächtigung des Einzelnen. Es gäbe wieder etwas zu tun. Ein solches Werkzeug könnte der gesamten Friedensbewegung neuen Auftrieb geben und die gesellschaftliche Diskussion wieder hin zu Diplomatie und Frieden lenken.
Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass diese Prozesse nicht zu gewinnen sind, wäre es ein wertvoller Versuch. Für den Moment hätten wir ein Instrument, das Hoffnung und Tatkraft spendet. Und das allein wäre ein unschätzbarer Mosaikstein auf dem Weg zu einer Welt, in der nicht die Waffen, sondern das Recht spricht.
Dieser Artikel erschien erstmals am 07.07.2025. Das Artikelbild ist ein Beispielbild von Gerd Altmann auf Pixabay.
Quelle: Progressive Stimme - Argumente, Fakten, Quellen - https://progressivestimme.de