Die Völkerrechtswidrigkeit unilateraler Sanktionen ohne UN-Mandat

In der heutigen Welt, in der internationale Beziehungen zunehmend durch Sanktionen geprägt sind, stellt sich die Frage nach der Völkerrechtskonformität solcher Maßnahmen. Besonders bei unilateralen Sanktionen, also staatlichen Gegenmaßnahmen, die außerhalb des Rahmens der Vereinten Nationen (VN) getroffen werden, ergeben sich enge rechtliche Grenzen, die die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages schon 2019 beschrieben haben (pdf).

Zunächst ist festzustellen, dass diese unilaterale Sanktionen völkerrechtlichen Schranken unterliegen. Eine zentrale Rolle spielen dabei das Gewaltverbot und das Interventionsverbot der VN-Charta. Diese Verbote zielen darauf ab, die Souveränität der Staaten und die Grundsätze der friedlichen Koexistenz zu wahren. Es wird betont, dass ein völkerrechtswidriges Verhalten nur in rechtlich angemessener Form sanktioniert werden darf. Dies impliziert, dass Sanktionen nicht willkürlich oder übermäßig sein dürfen und eine rechtliche Grundlage haben müssen.

Die International Law Commission (ILC) hat in ihren Artikelentwürfen zur Staatenverantwortlichkeit weitere wichtige Kriterien formuliert. Dazu gehört, dass der sanktionierende Staat den sanktionierten Staat zuvor abmahnen und eine gütliche Einigung anstreben muss. Zudem trägt der sanktionierende Staat die Beweislast für das vorausgegangene völkerrechtswidrige Verhalten des sanktionierten Staates.

Ein weiterer wesentlicher Grundsatz ist die Verhältnismäßigkeit. Dieser verlangt, dass Sanktionen nicht so intensiv sein dürfen, dass sie einen Staat in existenziell wichtigen Belangen zu einem fremdbestimmten Verhalten zwingen. Hierbei spielt auch die Betrachtung der humanitären Auswirkungen eine Rolle. Der VN-Menschenrechtsrat hat in diesem Zusammenhang betont, dass einseitige Zwangsmaßnahmen, die die wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie die Menschenrechte beeinträchtigen, gegen das Völkerrecht verstoßen.

Die Forderung nach einem Inlandsbezug: Ein besonders problematischer Aspekt unilateraler Sanktionen ist die Ausübung nationaler Hoheitsgewalt ohne hinreichenden Inlandsbezug. Dies bedeutet, dass Staaten Sanktionen verhängen, die über ihre eigenen territorialen Grenzen hinausgehen und die inneren Angelegenheiten anderer Staaten betreffen. Solche Maßnahmen können als Eingriffe in die Souveränität anderer Nationen gesehen werden und stehen im Widerspruch zu den Prinzipien des internationalen Rechts, die eine klare Trennung der Jurisdiktionen und die Achtung der territorialen Integrität anderer Staaten vorsehen. Ein bekanntes Beispiel für eine solche Praxis ist der Helms-Burton Act der USA gegen Kuba, der internationale Kritik hervorgerufen hat. Die EU reagierte darauf mit einer Verordnung zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von Rechtsakten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unilaterale Sanktionen ohne UN-Mandat unter bestimmten Bedingungen völkerrechtswidrig sein können. Sie sind insbesondere dann problematisch, wenn sie gegen das Gewalt- und Interventionsverbot verstoßen, unverhältnismäßig sind oder in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ohne hinreichenden Inlandsbezug eingreifen.

Das Artikelbild ist ein Beispielbild, es wurde von DallE generiert.

Quelle: Progressive Stimme - Argumente, Fakten, Quellen - https://progressivestimme.de