Kriege haben seit jeher nicht nur physische Zerstörung, sondern auch politische Veränderungen mit sich gebracht. Heute lässt sich sagen: Ein kriegsführendes Land verliert auf Dauer seine Demokratiefähigkeit.
Kriegsführung hat Voraussetzungen:
Während Kriege eskalieren, sehen sich Regierungen meist gezwungen, den Informationsfluss zu steuern und Propaganda zu verbreiten, um die Unterstützung für den Krieg zu mobilisieren. Im Vietnamkrieg haben die USA dies (aus militärischer Sicht) nicht ausreichend getan. Mit dem Ergebnis, dass die Bevölkerung einen Eindruck von der Realität des Krieges bekam. Das führte dazu, dass die Heimatfront nicht mehr den gebotenenen Rückhalt für die Weiterführung des Krieges bot.
Einschränkung der Meinungsfreiheit:
Zur Führung eines Krieges gehört deshalb, dass beispielsweise Zensur verstärkt, die Presse genauer kontrolliert und in ihrer Arbeit massiv beschränkt, bzw. beeinflusst wird. So war es in den USA über viele Jahre verboten, Särge getöteter US-Soldaten zu filmen, was zeigt, wie weitreichend die Zensurmaßnahmen waren und sind. Im aktuellen Krieg in der Ukraine lässt sich ähnliches bei allen Beteiligten beobachten. Während in der Ukraine Träger missliebieger Meinungen in Todeslisten aufgenommen (und immer wieder auch tatsächlich ermordet) werden, wurden in der EU russischsprachige Medien verboten, auch Russland verschärfte die Gangart gegenüber seinen oppositionellen Medien. In den am Konflikt beteiligten Ländern kommt es also zu einer massiven Einschränkung der Meinungsfreiheit. Gemeint ist damit, neben der Pressefreiheit, auch die passive Meinungsfreiheit, also die Freiheit selber zu entscheiden, aus welcher Quelle man seine Informationen beziehen möchte.
Dazu gibt es aber auch ein gesellschaftlichen Zusammenrücken. Dieses Zusammenrücken entspricht für Meinungsabweichler jedoch eher einer Wagenburg, die sich gegen sie wendet. Abweichler werden ausgegrenzt, wir kannten dieses Phänomen schon vor dem Ukrainekrieg, Begriffe wie Schwurbler, Querdenker und ähnliches stehen dafür.
Demokratie hat gegenteilige Voraussetzungen:
Nun hat eine funktionierende Demokratie allerdings genau gegenteilige Voraussetzungen. Soll sie mehr sein als nur Schein, so benötigen Ihre Bürger geradezu zwingend die Möglichkeit des freien Informationsbezuges (wofür eine freie Presse Voraussetzung ist), ebenso wie die der freien Diskussion.
Je länger und stärker beides eingeschränkt ist, desto mehr verliert die Demokratie ihren Kern und damit ihre Funktion.
Wo stehen wir?
Nach mehr als 20 Jahren fast ununterbrochenen, mehr oder weniger offen benannten Kriegsbeteiligungen, in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien, Afghanistan, im nahen Osten, in Afrika und aktuell in der Ukraine, hat der Westen seine Demokratiefähigkeit weitgehend verspielt. Menschen wie Chelsea Manning, Edward Snowden und Julian Assange haben versucht die Menschen aufzuklären. Es war, wenn wir es nüchtern betrachten, der Kampf um den Erhalt unserer Demokratie. Sie haben ihn verloren, weil wir – die Bürger – sie nicht ausreichend unterstützt haben. Sie zahlen noch heute einen hohen Preis dafür. Wir sind ihnen schuldig uns stärker für sie einzusetzen. Denn es kann ja wohl nicht richtig sein, dass der, der auf ein Verbrechen hinweist verfolgt wird, derjenige, der das Verbrechen jedoch begangen hat straffrei ausgeht.
Ist es zu spät?
Ohne sich in Wahrsagerrei ergehen zu wollen, kann aus diesen Überlegungen hergeleitet werden, dass die Beendigung aller Kriegsbeteiligungen die Voraussetzung für eine Wiederherstellung der Presse- und Meinungsfreiheit ist, diese widerrum ist die Voraussetzung dafür, unsere formal ja noch weitgehend funktionierenden, Demokratien wiederzubeleben. Freilich, ist das alles Voraussetzung, aber kein Garant für das Gelingen.
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Quelle: Progressive Stimme - Argumente, Fakten, Quellen - https://progressivestimme.de