Unterwanderung von politischen Organisationen – Verschwörungstheorie oder gängige Praxis?

In westlichen Demokratien ist das Thema der Unterwanderung politischer Parteien und Organisationen durch staatliche Institutionen oder Geheimdienste ein komplexes und oft diskutiertes Thema. Die Beispiele aus Deutschland reichen von der Infiltration rechtsextremer und linksextremer Gruppen bis hin zur Unterwanderung staatlicher Institutionen durch Mitglieder politischer Parteien. Die Situation wird durch verschiedene Faktoren kompliziert, darunter die Notwendigkeit staatlicher Sicherheitsmaßnahmen und die Bedrohung durch extremistische Gruppen.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist der Fall der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), bei der ein Verbotsverfahren im Zeitraum von 2001 bis 2003 eingeleitet wurde, das jedoch aufgrund der Tatsache eingestellt wurde, dass Vertrauenspersonen (V-Leute) des Verfassungsschutzes in der Führungsebene der Partei aktiv waren (https://de.wikipedia.org/wiki/Nationaldemokratische_Partei_Deutschlands#Verbotsverfahren_2001%E2%80%932003).

Auch die Alternative für Deutschland (AfD) stand im Fokus des Verfassungsschutzes, der die Partei als „Verdachtsfall“ einstufte (https://www.cilip.de/2021/08/17/beobachtungsobjekt-afd-unterwanderung-statt-politischer-auseinandersetzung/). Debatten entstanden über den Einfluss der AfD in staatlichen Institutionen wie Feuerwehr, Polizei und Bundeswehr (https://www.deutschlandfunkkultur.de/rechtsextremismus-in-der-bundeswehr-eine-lange-tradition.976.de.html?dram:article_id=471853). In einem anderen Fall rief die AfD ihre Mitglieder zur Bewerbung als Schöffen auf, was die Möglichkeit der Unterwanderung deutscher Gerichte durch AfD-Anhänger aufwarf (https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/afd-ruft-mitglieder-zur-bewerbung-als-schoeffen-auf-li.78134).

Ein weiteres Beispiel betrifft den V-Mann Jan P., der in den 1990er Jahren die linksautonome Szene in Wuppertal und Solingen bespitzelte und Informationen an den Verfassungsschutz weitergab (https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama_die_reporter/Der-V-Mann-ein-linker-Spitzel-packt-aus,sendung1264174.html). Seine Erfahrungen zeigen die komplexe Natur der Beziehung zwischen Geheimdiensten, Informanten und politischen Gruppen.

Dann gab es da noch den Fall eines verdeckten britischen Ermittlers, der in der linken Szene in Deutschland tätig war. Er ging dabei intime Beziehungen ein, aus denen sogar ein Kind entstanden sein soll. Der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, bestätigte die Aktivitäten des Ermittlers, der linke Aktivisten ausspionierte (https://www.stern.de/panorama/bka-bestaetigt-britische-spionage-britischer-spitzel-horchte-linke-aktivisten-aus-3927746.html).

Die Tatsachen weisen darauf hin, dass das, was bisher bekannt ist, wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs darstellt. Die Infiltration und Überwachung politischer Gruppen durch staatliche Agenten ist wahrscheinlich umfassender, als öffentlich bekannt ist. Der Einsatz von V-Personen durch die Polizei, beispielsweise, wird als illegal betrachtet, da diese Kontaktpersonen ohne formelle Ausbildung, aber mit einem Honorar aus der Staatskasse, Informationen für Verfassungsschutz und Polizei beschaffen. Die V-Personen agieren im Verborgenen und sind hochwirksame, aber auch hochgefährliche Beweismittel, da sie in Milieus agieren, in denen die Schwelle zum Rechtsbruch womöglich (noch) nicht überschritten ist. Sie sind in rechts- und linksextremen Szenen unterwegs und unterscheiden sich von verdeckten Ermittlern, die Polizisten sind, die unter einer Tarnidentität agieren. Die V-Leute haben keinen Dienstherren, besuchen weder die Polizeischule noch unterliegen sie einem Eignungstest, und ihre Identität wird zu keinem Zeitpunkt preisgegeben. Die Polizei setzt Privatpersonen ein, da es für einen Polizisten schwerer bis gar unmöglich ist, in eine Szene angeblich Gleichgesinnter einzutauchen. Die V-Personen werden großzügig entlohnt und bekommen Strafrabatte, Vorteile im Rahmen der eigenen Strafverfolgung oder andere Annehmlichkeiten. Die genaue Umreißung ihres Besoldungssystems entzieht sich jedoch jeglicher – jedenfalls öffentlich zugänglicher – Darstellung (https://netzpolitik.org/2019/warum-der-derzeitige-einsatz-von-v-personen-durch-die-polizei-illegal-ist/).

Die Unterwanderung politischer Organisationen und Parteien stellt ein wiederkehrendes Phänomen dar, das in unterschiedlichem Maße auftritt. Während staatliche Sicherheitsbehörden die Notwendigkeit betonen, extremistische Gruppen zu überwachen und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, führen solche Aktivitäten zu Bedenken hinsichtlich der politischen Freiheiten und der Integrität demokratischer Institutionen.

Dieser Artikel wurde am 02.11.2023 erstellt. Das Bild zum Artikel ist ein Beispielbild, es wurde von Dall-E erstellt.

Quelle: Progressive Stimme - Argumente, Fakten, Quellen - https://progressivestimme.de