Intelligenz neu definiert: Vielfalt statt Eindimensionalität

Wir sollten unser Verständnis von Intelligenz grundlegend überdenken. Die traditionelle Vorstellung, Intelligenz sei nur an akademischen Fähigkeiten wie Mathematik oder Mustererkennung messbar, ist nicht nur veraltet, sondern auch gefährlich engstirnig. Die Wissenschaft bestätigt, was viele von uns schon lange wissen: Intelligenz ist vielfältig!

Nehmen wir zum Beispiel die soziale Intelligenz – die Fähigkeit, Menschen zu verstehen und mit ihnen zu interagieren. Sie ist in unserer vernetzten Welt mindestens genauso wichtig wie die Fähigkeit, komplexe mathematische Probleme zu lösen. Es gibt Menschen, die vielleicht keine Gleichungen lösen können, aber ein tiefes Verständnis für menschliche Emotionen und Beziehungen besitzen. Diese Form der Intelligenz wird jedoch in unserem Bildungssystem und Arbeitsmarkt oft übersehen oder unterbewertet.

Howard Gardner, ein renommierter Psychologe, prägte den Begriff der „multiplen Intelligenzen“. Er argumentiert, dass Menschen in verschiedenen Bereichen wie Sprache, Musik, zwischenmenschlichen Beziehungen und logischem Denken unterschiedlich begabt sind. Diese Vielfalt der Intelligenzen muss auch in der Art und Weise, wie wir Bildung und akademische Leistungen bewerten, widergespiegelt werden.

Ein besonders starrer Aspekt des akademischen Systems ist die Anforderung, dass Doktorarbeiten schriftlich verfasst werden müssen. Warum darf ein angehender Doktor der Musik nicht eine Komposition als seine Dissertation vorlegen? Eine solche Änderung würde nicht nur die Vielfalt der Intelligenzen anerkennen, sondern auch die kreative und künstlerische Leistung auf eine Stufe mit der schriftlichen Arbeit stellen.

Und warum wird ein Handwerksmeister nicht auf dieselbe gesellschaftliche und finanzielle Stufe wie ein Doktortitel gestellt? Diese Ungleichheit in der Wertschätzung offenbart eine tief verwurzelte Voreingenommenheit in unserer Gesellschaft gegenüber praktischen Fähigkeiten. Ein Handwerksmeister, der jahrelange Erfahrung und außergewöhnliches Geschick in seinem Fach aufweist, verdient die gleiche Anerkennung wie ein Akademiker mit einem Doktortitel. Beide haben in ihren jeweiligen Bereichen Höchstleistungen erbracht. Die Unterbewertung des Handwerks spiegelt ein veraltetes Denkmuster wider, das akademische Leistungen über praktische Fertigkeiten stellt. Diese Sichtweise ignoriert nicht nur die Bedeutung des Handwerks für unsere Wirtschaft und Gesellschaft, sondern schafft auch eine ungerechte Hierarchie von Fähigkeiten und Berufen.

Ein weiterer kritischer Punkt in der Diskussion um Intelligenz ist die unangebrachte Überlegenheitsmentalität, die oft mit bestimmten Formen von Intelligenz verbunden ist. Einige Menschen neigen dazu, sich überlegen zu fühlen, weil sie in bestimmten intellektuellen Fähigkeiten, wie beispielsweise in der Mathematik, herausragen. Doch dies ist ein fundamentaler Irrtum. Intelligenz ist kein eindimensionales Konzept, in dem man entweder überlegen oder unterlegen ist. Die Überlegenheit in einem Bereich bedeutet nicht, dass man in allen Aspekten der Intelligenz überlegen ist. Jemand mag in der Logik brillieren, aber in emotionaler Intelligenz oder kreativer Problemlösung hinter anderen zurückstehen. Diese Arroganz, die auf einer engen Definition von Intelligenz beruht, schadet nicht nur dem sozialen Zusammenhalt, sondern verkennt auch die wertvollen Beiträge, die Menschen mit anderen Intelligenzformen leisten.

Das Artikelbild ist ein Beispielbild, es wurde von DallE generiert.

Quelle: Progressive Stimme - Argumente, Fakten, Quellen - https://progressivestimme.de