Wenn das Licht ausgeht

Jedes Jahr sind in Deutschland ca. 300.000 Haushalte von Stromsperrungen betroffen. Der überwiegende Teil dieser Haushalte bezieht Grundsicherungsleistungen. Die Stromkosten sind in den letzten Jahren um ca. 45 % gestiegen, jedoch die Stromkosten die im Regelsatz enthalten sind, nur ca. 30 %. Daher haben die Leistungsberechtigten oft einfach nicht mehr das Geld um ihre Stromrechnung bezahlen zu können.

Was aber heißt es genau, wenn man keinen Strom hat?
Wer möchte, kann hier gerne einmal ein Selbstexperiment wagen. Einfach mal die Sicherungen ausschalten und sich der Situation stellen, dass die Lebensmittel im Kühlschrank warm werden, die Gefriertruhe anfängt abzutauen, oft die Heizung nicht mehr funktioniert, und es auch meistens kein warmes Wasser gibt. Die an- oder aufgetauten Lebensmittel kann man direkt entsorgen, da man keinen Strom hat und somit natürlich auch nicht kochen kann, es sei denn, es man hat einen Gasherd.

Besonders findige Menschen könnten hier auf einem Campingkocher zurückgreifen, wenn sie denn das Geld für die Anschaffung hätten und beachten, dass man in dem Moment, in dem man einen Campingkocher in der Wohnung verwendet, ausreichend lüften sollte, da das Kohlenmonoxid extrem ansteigt. Im Sommer dürfte das weniger Probleme bereiten als im Winter. Wir erinnern uns, ohne Strom funktioniert meist auch die Heizung nicht, und bei offenen Fenstern wird es im Winter recht schnell ungemütlich kalt werden kann. Auch das Heizen im Winter mit Propangas sollte man sich zweimal überlegen, da es hier schon zu Todesfällen durch Kohlenmonoxid Vergiftungen gekommen ist.

Ich gehe jedoch einmal davon aus, dass es bei dem Selbstversuch gar nicht so weit kommen wird, da dieser spätestens dann abgebrochen wird, wenn man sein Handy nicht aufladen kann, an seinen Computer möchte um seine E-Mails abzurufen, seinen Facebook Freunden mitteilen möchte, dass man ein Selbstexperiment wagt, und deshalb den Strom abgestellt hat, oder einfach nur warm duschen möchte.

Diesen Luxus, dass sie jederzeit die Sicherungen wieder einschalten können, genießen die 300.000 Haushalte und die von den Stromsperren Betroffenen jedoch nicht. Sie sind dazu gezwungen, in einer Wohnsituation zu leben, die einer Obdachlosigkeit gleichkommt, weil nach deutscher Rechtsprechung eine Wohnung ohne Strom als unbewohnbar gilt.

Extrem problematisch und stellenweise lebensgefährlich wird die Situation, wenn Kinder mit im Haushalt leben. Offiziell wird zwar angegeben, dass in „Härtefällen“ d. h., wenn Kleinkinder oder pflegebedürftige Menschen gefährdet sind, oder aber gesundheitliche Schäden drohen, wenn die Heizung nicht mehr funktioniert, keine Stromsperren erfolgen dürfen. Inoffiziell halten sich jedoch, meiner Erfahrung nach, die wenigsten Stromanbieter daran.

Auch ist auf vielen Internetseiten ist zu lesen, dass man im Falle einer Stromsperre beim Jobcenter oder beim Sozialamt ein Darlehen beantragen kann. Dies bedeutet jedoch, dass man noch weniger Geld zur Verfügung hat, denn das Darlehen muss selbstverständlich zurückgezahlt werden. Kurzzeitig steht der Strom zwar wieder zur Verfügung, aber auf lange Sicht verschärft sich das Problem, weil durch die Rückzahlung noch weniger Geld zur Verfügung steht, um seine Stromrechnung zu bezahlen.

Das zu diesem Artikel verwendete Bild ist ein Beispielbild von Boyan Chen auf Pixabay

Quelle: Progressive Stimme - Argumente, Fakten, Quellen - https://progressivestimme.de