Hinterzimmerjustiz: Wie Reiche von Exklusivdeals profitieren – Schöffen bleiben außen vor

Die jüngste Enthüllung über informelle Absprachen in deutschen Gerichten, wie sie in einer Studie der Universität Tübingen beleuchtet wird, ist mehr als nur ein rechtliches Dilemma. Es ist ein Alarmsignal, das die bevorzugte Behandlung Reicher und Mächtiger im Rechtssystem entlarvt, während ehrenamtliche Schöffen am Rand stehen.

Diese Studie, die auf einer Umfrage unter 9.000 Schöffen basiert, legt offen, dass Schöffen – die ehrenamtlichen Richter, die eigentlich die Stimme des Volkes repräsentieren sollen – häufig von den entscheidenden Verhandlungen und Absprachen im Strafprozess ausgeschlossen werden. Während professionelle Richter und Anwälte in Hinterzimmern Deals aushandeln, bleiben die Schöffen oft im Dunkeln.

Was bedeutet das? Es bedeutet, dass unser Rechtssystem – das fair, transparent und demokratisch sein sollte – zunehmend von einer Elite dominiert wird, die sich hinter verschlossenen Türen abspricht. Diese Vorgehensweise widerspricht nicht nur dem Geist der Gesetze, sondern fördert auch eine Zweiklassenjustiz, in der Reiche und Einflussreiche bevorzugt werden können.

Die Studie zeigt, dass etwa ein Viertel der Verfahren Absprachen beinhaltet, wobei die Schöffen oft keine aktive Rolle spielen. Dies steht im klaren Widerspruch zur Strafprozessordnung, die eine gleichberechtigte Beteiligung aller Richter – einschließlich der Schöffen – vorsieht. Das Ignorieren dieser Regel untergräbt die Legitimität des gesamten Prozesses und führt zu einer Justiz, die mehr auf Geheimhaltung als auf Gerechtigkeit basiert.

Noch alarmierender ist, dass viele dieser Absprachen gegen bestehende Gesetze verstoßen. Beispielsweise beinhalten sie oft Vereinbarungen über den Schuldspruch oder die Strafzumessung – beides Aspekte, die laut Gesetz nicht Gegenstand solcher Verständigungen sein dürfen. Dies zeigt, wie tief die Wurzeln dieser unfairen Praxis reichen und wie sie die Grundprinzipien unseres Rechtssystems aushöhlen.

Die Ergebnisse dieser Studie sollten nicht nur eine gründliche Überprüfung der Rolle der Schöffen im Strafprozess anregen, sondern auch zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Praxis der Absprachen führen. Wessen Interessen werden in unseren Gerichtssälen wirklich vertreten? Und wie können wir sicherstellen, dass unser Justizsystem allen Bürgern gerecht wird, nicht nur den Privilegierten?

In einer Demokratie darf die Gerechtigkeit nicht in Hinterzimmern ausgehandelt werden.

Das Artikelbild ist ein Beispielbild von Laurent Verdier auf Pixabay

Quelle: Progressive Stimme - Argumente, Fakten, Quellen - https://progressivestimme.de