Der Gedanke, dass der Kapitalismus seinem Ende entgegensteht, weil die Welt und ihre Ressourcen endlich sind, hält sich hartnäckig. Dieser Logik folgend scheint unendliches Wachstum in einer begrenzten Umwelt nicht möglich.
Doch diese Sichtweise verkennt, dass der Kapitalismus die physischen Grenzen der Welt bereits überschritten hat, als immaterielle Werte zu Kapital wurden. Als geistiges Eigentum, wie Patente und Urheberrechte, handelbar wurden, hat sich die Welt des Kapitalismus ins Unendliche erweitert. Die Möglichkeit, Rechte und Ideen zu Waren zu machen, hat neue, unbegrenzte Horizonte eröffnet.
Die Geschichte des Kapitalismus ist eine Geschichte der Grenzverschiebungen und der ständigen Neudefinition von Wert. Als die sichtbaren Horizonte der Erde durchschritten waren, dehnten sich die Grenzen der wirtschaftlichen Einflussbereiche aus. Die Meere, einst unberührte Weiten, wurden durch Seerechtserweiterungen zu zentralen Schauplätzen des internationalen Handels. Nationen erweiterten ihre Hoheitsgewässer, um die darunterliegenden Ressourcen zu erschließen und ihren wirtschaftlichen Radius zu vergrößern.
Parallel dazu vollzog sich eine ähnliche Entwicklung in der Biotechnologie. Die Entschlüsselung der DNA, Grundbaustein allen Lebens, mündete in einem neuen Verständnis von Eigentum: Gene und Mikroorganismen, die Bausteine des Lebens, wurden patentierbar und somit zu einer weiteren Ressource des Kapitalismus. Biopatente und die Kommerzialisierung von genetischem Material führten zu einer neuen Ära der Medizin und Landwirtschaft, aber auch zu ethischen und rechtlichen Diskussionen über die Grenzen des Eigentums an lebenden Organismen.
Die Digitalisierung schuf eine weitere Dimension der Entgrenzung. Software, Algorithmen und digitale Plattformen revolutionierten die Art und Weise, wie Werte geschaffen und getauscht werden. Die virtuelle Welt kennt keine physischen Grenzen und ermöglicht eine globale Vernetzung und Geschäftstätigkeit rund um die Uhr.
Nun zeichnet sich mit der Raumfahrttechnologie eine neue Grenzenlosigkeit ab. Satelliten, interplanetare Missionen und die Aussicht auf Rohstoffabbau im All eröffnen ein wirtschaftliches Potenzial, das die Ressourcen der Erde weit übertreffen könnte. Die Kommerzialisierung des Weltraums, die einst als Fiktion galt, rückt in den Bereich des Möglichen.
Die Annahme, der Kapitalismus stehe vor dem Untergang, unterschätzt seine Fähigkeit zur Anpassung und Innovation. Jede neue Grenze, sei sie geistig, technologisch oder räumlich, wurde zu einem neuen Feld der wirtschaftlichen Betätigung. Die Herausforderungen der Endlichkeit materieller Ressourcen auf der Erde haben innovative Lösungen hervorgebracht, die die wirtschaftlichen Spielregeln veränderten.
Die Geschichte des Kapitalismus zeigt, dass die wirtschaftliche Aktivität nicht an die materiellen Grenzen der Erde gebunden ist. Sie ist vielmehr eine fortlaufende Geschichte der Erweiterung des Verständnisses von dem, was wertvoll ist und gehandelt werden kann. Während die Kritiker des Kapitalismus auf die Begrenztheit der Erde verweisen, zeigt die Geschichte, dass der Kapitalismus imstande ist, seine eigenen Grenzen immer wieder neu zu definieren und zu erweitern.
Auf ein Ende des Kapitalismus zu hoffen ist trügerisch. Es wird andere Wege brauchen, um ihm Einhalt zu gebieten.
Dieser Artikel wurde am 07.11.2023 erstellt. Das Artikelbild ist ein Beispielbild, es wurde von Dall-E generiert.
Quelle: Progressive Stimme - Argumente, Fakten, Quellen - https://progressivestimme.de