Viren gelten nach wissenschaftlicher Mehrheitsmeinung nicht als lebend. Sie haben keinen eigenen Stoffwechsel, keinen eigenen Willen und sie sind ganz sicher nicht „intelligent“ im menschlichen Sinne. Und doch verfügen sie über Überlebensstrategien, die – wüssten wir nicht, woher sie kommen – eine höhere Intelligenz dahinter vermuten ließen.
Es gibt Viren, die ihre Wirte gezielt beeinflussen, um die Lebensbedingungen für sich selbst zu verbessern. Das Tollwutvirus beispielsweise macht Tiere aggressiv, damit sie beißen und das Virus übertragen. Andere Erreger verändern den Körpergeruch oder das Verhalten ihrer Wirte so subtil, dass diese für Artgenossen attraktiver wirken – nur um die Ansteckungsrate zu erhöhen. Das geschieht oft unter Inkaufnahme massiver Schäden bis hin zum Tod des Wirtes.
Wenn wir uns fragen, wie das kommt, ist die Antwort am Ende gar nicht so schwer: Es ist die Evolution in Reinform. Es überleben schlichtweg jene Viren, die besonders erfolgreich sind (Selektion). Schon dieser simple Mechanismus sorgt für eine „intelligente“ Bildung von Strategien. Ein bewusster Wille ist dafür weder notwendig, noch sind Intelligenz oder Bewusstsein Voraussetzungen. Es reicht, wenn die Erfolgreichen übrig bleiben und sich vermehren.
Wenn wir das einmal verinnerlicht haben, müssen wir uns weiterführend fragen: Ist Intelligenz wirklich zwingend an biologisches Leben gebunden, wie wir es bisher definieren?
Wohl eher nicht. Man könnte einwenden: „Das, was das Virus da macht, ist doch keine echte Intelligenz!“ Doch was war noch gleich die Definition von Intelligenz? Im Kern ist es Problemlösungskompetenz. Das Problem des Virus ist es, zu „überleben“ (bzw. zu existieren) und sich zu verbreiten. Hier zeigen Viren eine erstaunlich hohe Kompetenz.
Zwar stolpern wir hier wieder über die Definition des Begriffes „Leben“. Aber ersetzen wir diesen Begriff durch „Existieren, Vermehren, Verbreiten“, dann sehen wir: Die Problemlösungskompetenz dieser winzigen Partikel ist extrem hoch. Das dürfte also – unter einer funktionalen Betrachtung – durchaus als intelligente Lösung zu verstehen sein.
Was bedeutet das für KI und die Suche nach außerirdischer Intelligenz?
Was heißt das nun für unser Verständnis von Intelligenz im 21. Jahrhundert?
- Künstliche Intelligenz (KI): Wenn wir KIs und deren Potenziale betrachten, sehen wir Parallelen. Auch eine KI muss nicht „leben“ oder ein Bewusstsein haben, um extrem komplexe Probleme zu lösen oder Strategien zu entwickeln, die uns intelligent erscheinen.
- Außerirdisches Leben: Wenn wir im All nach „Leben“ suchen, suchen wir oft nach biologischen Signaturen. Vielleicht ist Intelligenz im Universum aber viel weiter verbreitet, als wir vermuten – eben weil sie nicht zwingend an biologisches Leben gebunden ist.
Intelligenz und Leben, Intelligenz und Bewusstsein, Intelligenz und Wille – das sind verschiedene Dinge, die wir oft fälschlicherweise in einen Topf werfen.
Wobei man sich am Ende eine philosophische Frage stellen darf: Ist der „Wille zu überleben“ nicht schon allein in der Mechanik angelegt? Da ohne diesen Drang eine Verbreitung gar nicht stattfinden kann, könnte man provokant sagen: Auch im Virus, auch im toten Code, schlummert eine Vorform des Willens.
Dieser Artikel erschien erstmals am 19.11.2025. Das Beitragsbild wurde mit Flux generiert.
Quelle: Progressive Stimme - Argumente, Fakten, Quellen - https://progressivestimme.de